Gesellschaft für Informatik e.V.

Lecture Notes in Informatics


Marktplatz Internet: Von e-Learning bis e-Payment, 13. Leipziger Informatik-Tage (LIT 2005), 21. - 23. September 2005, Leipzig P-72, 375-383 (2005).


2005


Editors

Klaus P. Jantke, Klaus-Peter Faehnrich, Wolfgang S. Wittig (eds.)


Contents

Neue Medien an der UniversitÀt des Saarlandes - Einsatzgebiete und Entwicklungsmöglichkeiten

R. Meiers and C. Igel

Abstract


Ziel der Situationsanalyse \?eLearning an der UniversitĂ€t des Saarlandes“ war es, mittels einer standardisierten Internetbefragung sowie einer Ex- pert/innenbefragung zu eruieren, in welchem Umfang an den verschiedenen Professuren der UniversitĂ€t des Saarlandes \?Neue Medien“ (Neue Informationsund Kommunikationstechnologien) in den universitĂ€ren Aufgabenund TĂ€tigkeitsfeldern \?Studium und Weiterbildung“, \?Forschung und Entwicklung“ sowie \?Verwaltung und Management“ zum Einsatz kommen. Die Expertenbefragung diente dabei sowohl einer allgemeinen Bewertung der Ergebnisse des Online-Fragebogens als auch der Ableitung von strategischen Empfehlungen fĂŒr zukĂŒnftige Entwicklungen im Kontext der Neuen Medien an der UniversitĂ€t des Saarlandes. Da- bei stellte sich heraus, dass die große Mehrheit aller Antwortenden des Online- Fragebogens die Neuen Medien in Studium und Weiterbildung einsetzen. Es ist davon auszugehen, dass der hierdurch reprĂ€sentierte Anteil der Grundgesamtheit aufgrund des Medienbias wesentlich geringer ist. Zumeist handelt es sich um das Anbieten veranstaltungsbegleitender Materialien oder um die UnterstĂŒtzung der Lehrveranstaltung durch digitale Elemente wie Powerpoint-PrĂ€sentationen oder Portable-Document-Format-Dateien. Zur ForschungsunterstĂŒtzung, z.B. bei Re- cherchearbeiten, werden Neue Medien fast durchgĂ€ngig an allen Professuren eingesetzt. An einigen Professuren sind sie auch Gegenstand der Forschung. In \?Verwaltung und Management“ dienen die Neuen Medien in erster Linie dem Informationsangebot, der Dokumentation und Archivierung sowie der Organisation der Lehre. Insgesamt wird von einem deutlichen Zuwachs der Bedeutung und der Nutzung Neuer Medien an der Hochschule in den kommenden Jahren ausgegangen. Zugleich wird von den Antwortenden auf die beschrĂ€nkten (personellen und finanziellen) Ressourcen zur Nutzung oder Erstellung digitaler Lehr-Lern-Materialien verwiesen. 375 Im universitĂ€ren Kontext gewinnt das technologiegestĂŒtzte Lehren und Lernen mit Neu- en Medien (\?eLearning“) rapide an Bedeutung. Dies hat nicht nur eine VerĂ€nderung im Lernverhalten der Studierenden und im Lehrverhalten der Dozenten zur Folge, sondern bedingt zugleich auch grundlegende VerĂ€nderungen der Hochschulen in ihrer bisherigen Struktur und in ihrer Aufgabenstellung. Die Verlagerung eines Teils des Lehrangebots auf multioder telemediale Kommunikationsmittel Lehr-Lern-Umgebungen hat Auswirkungen auf verschiedene Aspekte wissenschaftlicher TĂ€tigkeit in Lehre und Forschung. So sind hiervon etwa Fragen des Urheber- und Nutzungsrechtes an digitalen Lehr- Lernmaterialien, der Berechnung von Lehrdeputaten oder der Anrechenbarkeit von On- line-Lehrveranstaltungen nach Studienund PrĂŒfungsordnungen ebenso berĂŒhrt wie die technologische Anforderungen an die Hardware und Software sowie die Internet- Anbindung von Computern der avisierten Zielgruppen bis hin zu didaktischen Fragen der Planung, DurchfĂŒhrung und Evaluation hybrider Lehr-Lern-Veranstaltungen (\?blended learning“). In den letzten Jahren ist ein zunehmender Einsatz von eLearning im deutschen Hochschulbereich zu verzeichnen. Ebenso nimmt nachweislich auch die Nachfrage nach eLearning-Angeboten durch die Studierenden zu [vgl. KWW05]. Auch die UniversitĂ€t des Saarlandes (UdS) bildet diesbezĂŒglich keine Ausnahme. In den nĂ€chsten Jahren soll das eLearning-Angebot weiter ausgebaut werden, was u.a. in der Zielvereinbarung zwischen der UniversitĂ€t und der Landesregierung wie auch im UniversitĂ€tsentwicklungsplan festgehalten ist. Damit möglichst alle Fachrichtungen die nutzund mehrwertigen Potenziale der Neuen Medien in Studium und Weiterbildung implementieren, ist es erforderlich, die einzelnen Professuren bei der Umsetzung zu unterstĂŒtzen. Hierzu ist zuerst eine umfassende Bestandsaufnahme des derzeitigen Angebots an eLearning an der UniversitĂ€t des Saarlandes nötig, so dass das Centrum fĂŒr Evaluation (CEval) vom Competence Center \?Virtuelle Saar UniversitĂ€t“ (CC VISU) beauftragt wurde, zu eruieren, welche Fachrichtungen bzw. Professuren bereits eLearning in ihr Angebot integriert haben. Die zentrale Aufgabe des CC VISU ist, im Auftrag des UniversitĂ€tsprĂ€sidiums die Neuen Medien in alle Aufgabenund TĂ€tigkeitsbereiche der UniversitĂ€t des Saarlandes (u.a. Forschung, Lehre, Kongresse, Publikation, Verwaltung) zu implementieren, wo sie nutzund mehrwertig eingesetzt werden sollen. Untersuchungsgegenstand war somit u.a. auch eine genauere Analyse des o.g. Angebots hinsichtlich des Umfangs und des Inhalts, der Geldgeber fĂŒr digitale Entwicklungen, die technologischen Rahmenbedingungen usw. 376 GrundverstĂ€ndnis der Untersuchung war eine Auffassung von eLearning, das sowohl eine mikrostrukturelle (den technologisch unterstĂŒtzten Lehr-Lern-Prozess fokussierend; \?technology enhanced learning“) wie auch eine makrostrukturelle (den Prozess der Or- ganisationsentwicklung durch Neue Medien fokussierend; \?change management“) Perspektive auf den Gegenstand \?eLearning“ enthĂ€lt. Gemeinsam sind beiden Perspektiven die Dimensionen der Nutz- und Mehrwertigkeit von eLearning, d.h. die Nutzung der Neuen Medien unabhĂ€ngig von Ort und Zeit (Dimension \?Distanz“), die MultimedialitĂ€t, MultimodalitĂ€t und MulticodalitĂ€t der Neuen Medien (Dimension \?MultimedialitĂ€t“) und die Mensch-Computer-Interaktion sowie Mensch-Computer-Mensch-Interaktion der Neuen Medien (\?Dimension \?InteraktivitĂ€t“) [vgl. ID02]. Dieses VerstĂ€ndnis von eLearning lehnt sich an den durch das CC VISU vorab entwickelten Kriterienkatalog zur differenzierten Beschreibung von eLearning-Angeboten und entsprechenden theoretischen Fundierungen an. Der Schwerpunkt der Studie lag dabei auf der makrostrukturellen Betrachtung. Die Studie basiert damit zugleich auf einem breiten VerstĂ€ndnis von eLearning. Unter eLearning wurden nicht nur interaktive Lehrangebote und virtuelle Seminare oder Televorlesungen verstanden, sondern bereits das Bereitstellen von lehrveranstaltungsbegleitenden Materialien, z.B. Skripte oder Literaturlisten, die ĂŒber das Interoder ein Intranet abgerufen werden können. Im Folgenden wird zuerst die methodische Herangehensweise an die Fragestellung aufgearbeitet. Im Hauptteil dieses Beitrages werden die Ergebnisse der beiden Erhebungen dargestellt. Schließlich werden die aus den Ergebnissen abgeleiteten Empfehlungen zusammengefasst. 2 Methodisches Vorgehen Bei der Studie kamen zwei Datenerhebungsmethoden zum Einsatz. Dabei handelte es sich zum einen um einen standardisierten Online-Fragebogen. Dieser wurde in Zusammenarbeit des CEval mit dem CC VISU entwickelt und orientierte sich in seinem Aufbau an der Aufgabe des Competence Centers, die Neuen Medien in alle TĂ€tigkeitsbereiche der UniversitĂ€t des Saarlandes (Forschung, Lehre, Kongresse, Publikation, Verwaltung) einzubringen, wo sie nutzund mehrwertig eingesetzt werden sollen. Aus GrĂŒnden der Effizienz wurde der Fragebogen als Online-Fragebogen konzipiert. Die Professor/innen der UniversitĂ€t des Saarlandes wurden durch zwei Anschreiben des VizeprĂ€sidenten fĂŒr Forschung und Technologietransfer der UdS auf den ĂŒber das Internetportal des CC VISU zugĂ€nglich gemachten Fragebogen aufmerksam gemacht. Dabei wurde um Beantwortung des Online-Fragebogens gebeten. Der Fragebogen war Anfang 2005 drei Wochen lang via Internet verfĂŒgbar, wobei der Erinnerungsbrief (2. Anschreiben) eine Woche vor Ablauf der Frist bei den Adressaten einging. Insgesamt wurden durch die Anschreiben zwei deutliche RĂŒcklaufwellen ausgelöst, d.h. nach Eingang eines Briefes wurde der Fragebogen entweder direkt ausgefĂŒllt oder vergessen. Der RĂŒcklauf verteilte sich wie folgt: 377 Aus sieben der acht FakultĂ€ten der UdS antwortete jeder dritte bis vierte. Positiv heraus stach eine der drei Naturwissenschaftlich-Technischen FakultĂ€ten der UdS, bei der fast 70\% der angeschriebenen Personen antwortete. Von den 10 Personen außerhalb der FakultĂ€ten, z.B. an universitĂ€tsnahen An-Instituten, antwortete niemand. Insgesamt war eine RĂŒcklaufquote von ca. 30\% zu verzeichnen, die fĂŒr Internetbefragungen zwar recht hoch ist, aber angesichts der Thematik, der Zielgruppe und vor allem zweier schriftlicher Anschreiben durch einen VizeprĂ€sidenten der UniversitĂ€t des Saarlandes als eher gering zu bewerten ist. Zudem ist davon auszugehen, dass der Fragebogen in Online-Form insbesondere von Personen ausgefĂŒllt wurde, die bereits eine AffinitĂ€t zu Neuen Medien haben, wĂ€hrend Professor/innen, deren BeschĂ€ftigung mit Neuen Medien bisher eher gering war, den Fragebogen tendenziell nicht ausgefĂŒllt haben. Der damit vorliegende Medienbias dĂŒrfte zu einer positiven Verzerrung der Ergebnisse gefĂŒhrt haben. Das zweite Datenerhebungsinstrument in dem zweistufigen Prozess war eine Delphi- Befragung mit einer Befragungsrunde, d.h. eine schriftliche Befragung von Expert/innen an der UdS (im Bereich des Einsatzes Neuer Medien in der Forschung, in der Lehre, in der Anwendung oder im Bereich der Entwicklung digitaler Lehr-Lernmaterialien) [WT03]. FĂŒnf Expert/innen wurde eine zweiseitige Zusammenfassung der zentralen Ergebnisse zugestellt. Diese Zusammenfassung wurde um vier Leitfragen ergĂ€nzt, zu denen die Expert/innen Stellung nehmen sollten. ZusĂ€tzlich wurde den Expert/innen eine komplette, anonymisierte HĂ€ufigkeitsauszĂ€hlung aller Fragen des Fragebogens beige- fĂŒgt, um sich bei Interesse nĂ€her mit den Daten zu beschĂ€ftigen, sowie um die Selektion der Ergebnisse auszugleichen. Das Ziel der Befragung war (i) eine allgemeine Bewertung der Ergebnisse, (ii) eine Bewertung der Studie an sich und (iii) AnstĂ¶ĂŸe fĂŒr die aus den Ergebnissen zu folgernden strategischen Empfehlungen. 3 Ergebnisse Die folgende Ergebnisdarstellung orientiert sich im Aufbau an den einzelnen Blöcken des Fragebogens. Der Fragebogen findet sich im Anhang zum Gesamtbericht der Studie [Me05]. 3.1 Neue Medien in Studium und Weiterbildung Der erste große Block des Fragebogens befasste sich mit dem Thema des Einsatzes und der Nutzung Neuer Medien in Studium und Weiterbildung: Insgesamt setzen 65 der 77 Antwortenden Neue Medien in Studium und Weiterbildung ein. Dies sind 84\% der Be- fragten. Wie bereits erwĂ€hnt, ist davon auszugehen, dass gerade die Personen, die Neue Medien noch nicht einbinden, den Fragebogen nicht ausgefĂŒllt haben. Setzte man die 65 Personen in Bezug zu den 251 angeschriebenen Personen, und unterstellt den Personen, dass sie keine Neuen Medien einsetzen, so kĂ€me man zu dem Ergebnis, dass knapp ein Viertel der Professor/innen Neue Medien nutzen. Diese Ansicht teilten auch die Ex- pert/innen, die ihre EinschĂ€tzungen zum Einsatz Neuer Medien an der UdS in der Studie empirisch belegt sahen. 378 Digitale Lehr-Lernmaterialien wurden zum Erhebungszeitpunkt an 43 der 65 in diesem Bereich aktiven LehrstĂŒhle entwickelt. Dabei liegt die Verantwortlichkeit fĂŒr die inhaltliche Konzeption mehrheitlich bei der Professur, wĂ€hrend die Umsetzung, d.h. die Programmierung, des Öfteren auch in die Hand der Mitarbeiter/innen gelegt wird. Dies deckt sich mit einem Hinweis zweier Expert/innen, die darauf verweisen, dass das Lehrpersonal \?einen nicht unerheblichen Teil der Last der akademischen Lehre“ trĂ€gt. Bei der Erstellung digitaler Lehr-Lernmaterialien werden ĂŒberwiegend Produkte von MS Office verwendet. Auch Produkte von Adobe (wie Portable-Document-Format oder Photoshop-Dateien) werden hĂ€ufig genutzt. Bei der entsprechenden Frage (\?Welche technologischen Werkzeuge verwenden Sie bei der Erstellung Ihrer digitalen Lehr- Lernmaterialien?“) nannten 40 Befragte Microsoft-Produkte und 31 Adobe-Produkte.1 Fragen der Accessibility und der Usability werden bei der Entwicklung digitaler Lehr- Lernmaterialien deutlich am wichtigsten erachtet (\?wichtig“ oder \?sehr wichtig“ fĂŒr 89 respektive 86\%). Auch die Nachhaltigkeit der Entwicklungen wird von fast 80\% der 43 Personen fĂŒr \?wichtig“ oder \?sehr wichtig“ erachtet. Bei Mediendidaktik und Lernpsychologie fĂ€llt die Zustimmung (\?wichtig“ oder \?sehr wichtig“) leicht auf 75\% bzw. 70\%. AuffĂ€llig war das \?schwache' Abschneiden von Übersetzungen und Fragen des Rechtemanagements. Hier sind nicht nur deutlich mehr Personen der Meinung, dass diese As- pekte \?eher unwichtig“ oder gar \?vollkommen unwichtig“ sind (69\% bei den Übersetzungen, 51\% beim Rechtemanagement). Dies sind zudem die Aspekte, die vielen Personen gar nicht bekannt sind. Neue Medien ermöglichen neue Formen der synchronen und asynchronen Kommunikation, sowohl zwischen den Studierenden als auch zwischen Studierenden und Do- zent/innen. Hierzu wurden die Professor/innen gefragt, welche Bedeutung verschiedene technologiebasierte Kommunikationsarten und -wege ĂŒber Neue Medien fĂŒr Lehrveranstaltungen haben. Dabei wurde deutlich, dass asynchronen Kommunikationsformen (bspw. Austausch per E-Mail oder in Newsgroups) das meiste Gewicht beigemessen wird. Ebenfalls sehr gut schnitt die Bedeutung des Datentransfers per ftp-Server, also die Kollaboration, ab. Synchrone Kommunikationswege (wie Chats oder Videoconferencing), die Zeitgleichheit erfordern, wurden von der ĂŒberwiegenden Mehrheit als \?eher unwichtig“ oder gar als \?vollkommen unwichtig“ eingestuft.


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ISBN 3-88579-401-2


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